
Loranger - Permakultur
Planung und Beratung
Die "Mutter Erde" Analogie
Seit Jahren bin ich nun schon ein unverbesserlicher Optimist. Für viele Menschen sogar viel zu optimistisch, denn es ist für die meisten immer schwieriger im Angesicht von Umwelt-, Wirtschafts- und Gesellschaftskrise eine positive Einstellung zu bewahren. Nicht so für mich. Es gibt verschiedene Gründe für meinen – auf den ersten Blick – scheinbar unvernünftigen Optimismus; einer davon ist zu wissen, was wir mit Permakultur-Prinzipien alles erreichen können und die Geschwindigkeit, mit der dies möglich ist. Das ist das Thema dieses Artikels.
Was nie aufhört mich zu verwundern ist der Pessimismus, der in ökologischen Gruppierungen herrscht, die sich für die Umwelt, eine bessere Lebensqualität oder die Sensibilisierung der Menschen für den Wert unserer Natur einsetzen. Sogar in Permakultur-Kreisen ist Pessimismus eine allzu häufige Krankheit. Könnt ihr euch das vorstellen? Menschen, die sich für die Schaffung einer besseren Welt einsetzen, glauben oft gar nicht daran, dass es möglich ist dieses Ziel zu erreichen – sie kämpfen, glauben aber nicht an den eigenen Erfolg!
Also, wie es öfter mal vorkommt, war ich vor kurzem dabei meine optimistische Einstellung sowie meine absolute Gewissheit des Erfolgs einigen Permakultur-Freunden zu erklären. Dafür musste ich ziemlich intensiv nachdenken, um meine Gedanken und Gefühle zu dem Thema in Worte zu fassen, die klarer, präziser und besser verständlich sind. Dabei ist mir eine besondere Analogie eingefallen, fast wie eine Eingebung...
Die Analogie ist nicht neu: es ist die Mutter Erde oder Mutter Natur Analogie, welche meint, dass die Erde als eine Mutter für die Menschheit und alle Lebewesen auf ihr gesehen werden kann. Dieses Prinzip begleitet uns Menschen schon seit tausenden von Jahren in vielen verschiedenen Kulturen, und existiert heute immer noch. Diese Universalität ist kein Zufall. Es gibt in der Tat viele Ähnlichkeiten zwischen einer Mutter mit ihrem Kleinkind auf der einen Seite und der Erde in Bezug zur Menschheit auf der anderen Seite. Es ist die Erde, die uns hervorgebracht hat und die uns trägt wie eine Mutter ihr Kind, allerdings nicht nur zu Beginn unserer Entwicklung sondern ein ganzes Leben lang. Die Erde versorgt uns mit Nahrung, wie der Körper einer menschlichen Mutter während der Schwangerschaft und später durch die Muttermilch. Und zumindest zur Zeit der Höhlenkulturen schützte die Erde uns in ihrem Schoß wie eine Schwangere ihr ungeborenes Kind. Im Grunde sehen wir, dass die Erde wie eine Mutter für all unsere Grundbedürfnissen sorgt.
In dem was wir für gewöhnlich hören, ist die Analogie damit beendet: im Vergleich der Menschheit mit einem Baby oder Kleinkind. Was mir mit einem Mal klar wurde ist, dass wir sie aber noch viel weiter ausdehnen können. Im Laufe unserer Entwicklung beginnen wir, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen – unsere Menschenmutter wie auch die Erde kann uns nicht vor unserem eigenen Willen und unseren schlechten Entscheidungen bewahren. Eine Mutter kann uns warnen, sie kann versuchen uns unsere Fehler deutlich zu machen, aber letztendlich bleibt die Entscheidungskraft bei uns. Auf die gleiche Art kann die Erde uns warnen, dass wir den falschen Weg eingeschlagen haben, zum Beispiel mit klimatischen Veränderungen und Klimaextremen, die unsere unsinnige Art der industrialisierten Nahrungsmittelproduktion gefährden. Durch Luft- und Wasserströmungen und ihrer Veränderung kann sie uns auf die Absurdität unseres Verhaltens aufmerksam machen, wie zum Beispiel mit der riesigen Müll-Insel, die im Pazifischen Ozean entstanden ist. Während wir immer mehr die Umwelt in der wir leben verschmutzen und zerstören, kann die Erde uns diese Fehler aufzeigen, indem Luft, Wasser und Nahrungsmittel nur in immer schlechterer Qualität für uns zur Verfügung stehen. Aber die Wahl unseres Weges liegt immer noch bei uns. Jeder einzelne von uns kann selbst entscheiden: diesen Weg der Selbstzerstörung weiterzugehen oder in die Selbstverantwortung zu treten und Veränderungen herbeizuführen, die helfen eine wunderbare Welt für uns alle zu erschaffen.
An dieser Stelle vermute ich, dass sich viele Leser fragen werden, warum mich das alles optimistisch stimmt. Nun, das war noch nicht der Teil, den ich so hoffnungsvoll finde, denn die Analogie geht noch weiter. Im Archetyp der Mutter wird sie, wenn sie sieht, dass ihr Kind seine Fehler erkennt, sich bessern möchte und wieder die Verbindung zu ihr sucht, es immer mit offenen Armen empfangen! Es ist egal wie sehr es sich geirrt hatte. Es ist egal, wie undankbar es war. Es ist egal, wie weit es sich entfernt hatte. Sie wird es ohne Aufschub willkommen heißen, ohne Fragen zu stellen, schon lange bereit zu helfen wie immer sie kann.
Das ist es, was mich optimistisch stimmt. Ich glaube, dass die Erde, die Natur, auf die gleiche Weise reagiert wie eine Mutter, wenn wir uns entscheiden ein positives Element für unsere Umwelt und uns selbst zu sein. Und ich denke, dass wir die Geschwindigkeit unterschätzen, mit der diese Reaktion kommt. Ich glaube, dass die Natur „sich wünscht“, dass wir in Freude und Fülle leben, und dass alles, was es dazu braucht, bereits vorhanden ist. Wir müssen uns nur dazu entscheiden und in Aktion treten.
Wie komme ich zu diesen Überzeugungen? Nun, wie ich zu Beginn des Artikels erwähnt habe, waren die Permakultur-Bewegung und Beispiele von erfolgreichen Permakultur- (und anderen) Systemen für mich der Schlüssel um zu verstehen, wie hoffnungsvoll unsere Situation eigentlich ist. Es gibt in der Tat sehr viele Beispiele für die Geschwindigkeit mit der die Natur reagiert, sobald wir uns entscheiden ein positives Element des Systems zu werden und es intelligent anstellen. Eine Olivenöl-Farm auf Zypern begann die Umwandlung von trockenem, degradiertem Land zu einer Permakultur, und in nur drei Jahren ist dort ein vielfältiges Ökosystem entstanden, indem Olivenöl mit Weltrekord-Konzentrationen an gesunden Inhaltsstoffen (Polyphenolen) produziert wird (1). Ein Bauer aus Frankreich, der unter anderem Mais anbaut, stellte auf Permakultur-Prinzipien um und macht nun den 10-fachen Gewinn auf gleicher Fläche, ohne den Einsatz von Agro-Chemikalien und bei stetiger Verbesserung seines Bodens (2). Innerhalb weniger Jahre schaffte ein Landbesitzer in Australien es, sein trockenes, erodiertes und versalzenes Land in ein üppiges, wasserspeicherndes Ökosystem zu verwandeln, welches nach 10 Jahren, während einer der schlimmsten Dürreperioden der Region, im Gegensatz zum umliegenden Land immer noch fließendes Wasser führte (3). Bauern mit stark degradiertem Land in England begannen die Natur zu beobachten, mit ihr zu ko-kreieren und ihr den Platz einzuräumen den sie braucht, und innerhalb weniger Jahre wurden ihre Flächen zu einigen der vielfältigsten und produktivsten in der Umgebung, welche sogar verschiedene seltene Arten beherbergen, die nirgendwo sonst in der Region zu finden sind (4). Geoff Lawton, ein australischer Permakultur-Designer und mein Permakultur-Lehrer, rief die Greening the Desert – Initiative in Jordanien ins Leben. In weniger als 8 Jahren, wo zuvor nur versalzener, trockener Wüstenboden war, konnten er und sein Team den Boden wiederbeleben und einen florierenden Waldgarten schaffen, mit Herangehensweisen die vorher für unmöglich gehalten wurden (5).
Die Liste solcher Beispiele könnte ich noch lange weiterführen, und was die Beispiele oft gemeinsam haben ist, dass Außenstehende die Ergebnisse für unmöglich gehalten hatten und sich im Vorfeld über die verwendeten Methoden lustig machten oder sie sogar bekämpften. Das ist eine wichtige Lektion: ich glaube, dass viel von dem uns umgebenden Pessimusmus von der Tatsache kommt, das die Menschen Dinge für unmöglich halten, von denen ich weiß, das sie möglich sind. In Wirklichkeit haben wir bereits die Lösungen für all unsere Probleme, wir können diese schnell und effektiv anwenden, und die unglaublichen, positiven Ergebnisse werden viel schneller eintreten als wir es zu denken gewohnt waren. Ich glaube nicht an die sehr verbreitete Einstellung „wenn wir zu lange warten, wird es zu spät sein“, vor allem nach dem Wachsen eines Waldgartens in der Wüste und der Rückkehr des Wassers in dieses System (5). Ich glaube nicht daran, weil ich überzeugt bin, dass unsere Mutter Erde nur darauf wartet, dass wir mit ihr zusammenarbeiten, und sie wird auf unseren Gesinnungswechsel mit einer Großzügigkeit antworten, die wir uns nur schwer vorstellen können – und alles was ich mit der Permakultur erlebe bestätigt dies. Das heißt nicht, dass wir keine Anstrengungen in die kommenden, notwendigen Veränderungen stecken müssen. Es heißt einfach, dass wenn wir wirklich etwas ändern wollen und in dem Moment in dem wir es wollen, wird alles was wir brauchen bereit stehen und unsere Mutter Erde wird helfen unser Ziel zu erreichen.